Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin, Paartherapeutin, Pädagogin, Coach
Artikel zuletzt aktualisiert am 10. September 2024

Sie haben jemanden kennengelernt, der Ihr Herz höherschlagen lässt. Alles läuft wunderbar, bis der Gedanke an eine feste Bindung aufkommt und Sie plötzlich das dringende Bedürfnis verspüren, einen Flug nach Bali zu buchen – allein.

Vielleicht ist es aber auch genau umgekehrt? Sie sind verliebt in einen Menschen, der beim Wort "Beziehung" schweißnasse Hände bekommt und beim lauten Nachdenken darüber, ob ein gemeinsames Netflix-Konto Sinn machen könnte, einen Fluchtplan entwickelt.

Dann herzlich Willkommen in der Welt der Bindungsangst!

☝🏻 Die wichtigsten 3 Erkenntnisse zum Thema Bindungsangst

  • Ursachen: Bindungsangst entsteht oft durch negative frühere Beziehungserfahrungen, schwierige Kindheitserlebnisse und die Angst vor Freiheitsverlust und mangelndem Selbstwertgefühl.
  • Symptome: Menschen mit Bindungsangst halten emotionalen Sicherheitsabstand, ziehen sich nach Phasen der Nähe zurück und testen ihren Partner ständig, um die Beziehung zu überprüfen.
  • Umgang: Geduld, offene Kommunikation und Selbstfürsorge sind entscheidend, um mit einem bindungsängstlichen Partner umzugehen und die eigenen Ängste zu überwinden.

Warum Nähe für manche zur emotionalen Herausforderung wird

Die meisten Menschen erleben Verbundenheit und Intimität als etwas Schönes, denn der Wunsch nach stabilen, liebevollen Beziehungen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Doch nicht jedem fällt es leicht, wirkliche Nähe zuzulassen. Besonders dann, wenn es um mehr als Freundschaft geht, wird es für manche Menschen schwierig - und die damit verbundene emotionale Achterbahnfahrt ist für die beiden Protagonisten (plus die eingeweihten Freunde, die das alles mit durchstehen müssen) auf Dauer kaum auszuhalten.

Warum tun sich manche Menschen so schwer damit, Verbindlichkeit entstehen zu lassen - insbesondere dann, wenn es sich um potentielle Partnerschaften handelt? Obwohl die bisherige gemeinsam verbrachte Zeit so vielversprechend begonnen hat?

Die Antwort lautet: Bindungsangst (oder "Beziehungsphobie" oder "Beziehungsvermeidung" oder "Angst vor emotionaler Nähe"...). 

Bindungsangst ist ein vielschichtiges Phänomen. Oft verstehen Menschen mit Bindungsängsten selbst nicht, warum es ihnen so schwer fällt, Nähe zu einer anderen Person, die sie doch "eigentlich" zunächst liebenswert und attraktiv fanden, zuzulassen und weitere gemeinsame Schritte als Paar zu gehen. 

Das menschliche Gehirn arbeitet allerdings schnell und raffiniert. In einem Affenzahn bietet es jedem bindungsängstlichen Menschen ein Dutzend Gründe dafür an,

  • warum "der- oder diejenige welche" eben doch nicht "der oder die Richtige" ist,
  • weshalb eine feste Beziehung gerade nicht ins Lebenskonzept passt,
  • warum ganz viel anderes derzeit viel höhere Priorität hat als eine Partnerschaft... - und überhaupt!

Aber: Bindungsangst muss kein lebenslanger Begleiter sein.

Mit ein wenig Mut, einer Portion Selbstreflexion, Geduld, offener Kommunikation und viel Selbstfürsorge können Menschen mit Bindungsängsten lernen, die Furcht vor Nähe zu überwinden und sich auf das Abenteuer Liebe einzulassen. 

Unverzichtbar vor jeder positiven Veränderung: Die Standortbestimmung.

Bevor wir uns auf eine Reise mit einem konkreten Ziel begeben, sollten wir wissen, von wo aus wir starten – denn ohne eine klare Standortbestimmung kann selbst der schönste Trip schnell im Kreisverkehr enden. Wir sollten nicht den Überblick darüber verlieren, wie weit wir schon gekommen sind und ob wir uns überhaupt auf der gewünschten Route befinden.

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"Beziehungsführerschein" statt "Beziehungsangst" - Denn Liebe kann man lernen.

Mal ehrlich: Eine Beziehung über Jahre oder gar Jahrzehnte unfallfrei zu manövrieren, ist deutlich kniffliger als Autofahren – und trotzdem gibt es keinen Beziehungsführerschein. Angesichts der vielen Stunden, die wir damit verbringen, Prüfungen abzulegen und Zertifikate zu sammeln, ist das ziemlich erstaunlich, oder? Gerade wenn man bedenkt, wie wichtig eine stabile Beziehung für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit ist.

Kein Wunder also, dass man sich unsicher fühlt, wenn man durch unbekanntes Beziehungs-Terrain fährt – ohne genau zu wissen, was einen hinter der nächsten Kurve erwartet. Schließlich könnte sich jederzeit ein gefährliches Schlagloch auftun.

Glücklicherweise hat die Beziehungsforschung gründlich erforscht, was es braucht, um auch in schwierigen Beziehungssituationen ruhig und sicher am Steuer zu bleiben.

Dieses Wissen möchten wir jetzt mit Ihnen teilen. Es hilft nicht nur dabei, sich selbst sicherer am Beziehungslenkrad zu fühlen, sondern auch zu verstehen, was ein bindungsängstlicher Partner braucht, um seine Furcht vor Nähe zu überwinden. Deshalb beschäftigen wir uns im vorliegenden Blogartikel mit den folgenden Fragen:

  • Warum ist "Bindung" überhaupt so wichtig für uns Menschen?

  • Was versteht man unter "Bindungsangst"?

  • Welche Symptome sprechen für Bindungsangst?

  • Wie kann Bindungsangst entstehen?

  • Was können Sie tun, wenn Sie einen bindungsängstlichen Partner haben?

  • Und - falls Sie selbst unter Bindungsängsten leiden - wie können Sie Ihre eigene Furcht vor Nähe überwinden? 

„Bindung“ – Warum sie so wichtig für uns Menschen ist

Warum Bindung in Beziehungen so wichtig ist

"Bindung“ ist so etwas wie der Kleber, der uns alle zusammenhält – ein zentrales Konzept in der Psychologie und Entwicklungsforschung, das beschreibt, wie wir emotionale und soziale Verbindungen knüpfen und pflegen. Wofür ist das Ganze so wichtig?

Schauen wir uns die bedeutsamsten bio-psycho-sozialen Aspekte im Folgenden etwas genauer an:

  1. Überlebensvorteil

    Stellen Sie sich vor, Sie sind ein kleines Kind in der Steinzeit. Die Welt um Sie herum ist voller Gefahren – von furchterregenden Säbelzahntigern bis hin zu übergroßen Kokosnüssen. Doch zum Glück haben Sie eine enge Bindung zu Ihren Eltern, die wie Ihr persönlicher Bodyguard und Sternekoch in einem fungieren. Durch diese starke Verbindung sind Sie nicht nur besser geschützt, sondern genießen auch regelmäßig eine gesicherte Mahlzeit. Ihre Überlebenschancen schießen durch die Decke!

  2. Emotionale Sicherheit und Wohlbefinden

    Eine gute Bindung erleben die meisten Menschen wie eine gemütliche Kuscheldecke an einem kalten Wintertag. Sie bietet emotionale Sicherheit und Geborgenheit. Wer weiß, dass er geliebt und geschätzt wird, kann dem Stress des Alltags mit einem charmanten Schulterzucken begegnen. Kinder mit einer sicheren Bindung entwickeln oft ein gesundes Selbstwertgefühl und ein positives Selbstbild – sie tragen ihre Kuscheldecke quasi immer bei sich.

  3. Soziale und emotionale Entwicklung

    Die Qualität der Bindung in der frühen Kindheit ist wie die Qualität des Fundaments eines Hauses: Ist das Fundament sicher, können die Wände gerade und stabil gebaut werden. Sicher gebundene Kinder wachsen zu kleinen Sozialschmetterlingen heran, die positive Beziehungen zu Gleichaltrigen und späteren Partnern aufbauen können. Unsichere Bindungen sind hingegen wie ein krummes Fundament – da wird es später mit den sozialen und emotionalen Fähigkeiten um einiges herausfordernder und wackeliger.

  4. Psychische Gesundheit

    Eine sichere Bindung wirkt wie ein unsichtbares Schutzschild gegen psychische Probleme. Menschen mit stabilen und unterstützenden Beziehungen tragen dieses Schutzschild durch ihr gesamtes Leben und haben geringere Chancen, von Depressionen, Angstzuständen und anderen psychischen Unannehmlichkeiten getroffen zu werden. Eine stabile Kindheit mit tragfähigen, verlässlichen Beziehungen ist also wie ein Immun-Booster für die Seele.

  5. Stressbewältigung

    Wir alle wissen, dass das Leben manchmal seine unangenehmen Seiten hat – Stress, schwierige Lebensereignisse und die berühmten Steine, die einem in den Weg gelegt werden. Aber mit engen sozialen Bindungen im Gepäck können die Steine oftmals aufgesammelt und kurzerhand eine Treppe daraus gebaut werden. Das Wissen, sich auf andere verlassen zu können, ist wie eine Superkraft, die die eigene Resilienz stärkt.

  6. Biologische Grundlagen

    Bindungen beeinflussen auch, was in unserem Körper vor sich geht. Da ist zum Beispiel das Bindungshormon Oxytocin. Dieses Hormon spielt eine große Rolle beim Aufbau von Vertrauen und sozialen Bindungen. Ob beim Stillen, beim Kuscheln oder einfach bei netten Gesprächen – Oxytocin ist immer am Start und sorgt dafür, dass sich Menschen miteinander verbunden fühlen.

Bindung spielt also eine entscheidende Rolle in allen Lebensabschnitten – von der Kindheit bis ins hohe Alter. Eine starke Bindung sorgt dafür, dass sich Menschen emotional wohlfühlen, gesunde soziale Beziehungen aufbauen können und mental in Balance bleiben.

Was versteht man unter "Bindungsangst"?

Bindungsangst ist die Angst vor genau dieser emotionalen Nähe und Verbindlichkeit.

Für Menschen mit Bindungsangst ist der Gedanke, sich in einer Beziehung zu verlieren, von jemand anderem womöglich "kontrolliert", in der eigenen Freiheit eingeschränkt und am Ende verletzt zu werden, so furchteinflößend, dass sie lieber auf Abstand bleiben. D.h. diese Ängste liegen mit den eben genannten "Vorteilen" stabiler Bindungen in einem Dauer-Clinch.

Die Taktik Bindungsängstlicher? Nähe so dosieren, dass sie bloß nicht in den emotionalen Ozean gezogen werden. Das kann man sich vorstellen wie einen Tanz, bei dem man zwar die Hand des Partners halten möchte, aber dennoch ständig einen Schritt zurück macht.

Kurz gesagt: Bindungsangst ist das permanente Ringen zwischen dem Wunsch nach Nähe und der Furcht, in dieser Nähe gefangen zu sein.

Welche Symptome sprechen für Bindungsangst?

Bindungsängstliche setzen verschiedene Strategien ein, um ihre eigenen Gefühle nicht zu groß und die Beziehung nicht zu nah werden zu lassen und sich so vermeintlich vor Verletzungen zu schützen. 

Der Sicherheitsabstand – Bloß keine Nähe!

Für Menschen mit Bindungsangst ist es extrem wichtig, einen gewissen „Sicherheitsabstand“ zu wahren. Das kann bedeuten, dass sie engem Körperkontakt oder emotionalen Gesprächen aus dem Weg gehen. Stellen Sie sich vor, Sie sind im Kino und der Hauptdarsteller ist kurz davor, in Großaufnahme eine Liebeserklärung zu machen. Bei Bindungsängstlichen sorgt dieser Moment für das Bedürfnis, Popcorn nachzukaufen – dringend und jetzt sofort! Sie wollen der Nähe ausweichen und halten sich lieber an der Oberfläche der Beziehung auf. Der Partner fühlt sich dadurch oft, als würde er eine unsichtbare Mauer um den geliebten Menschen nicht durchdringen können.

Die „Kuschelkater“-Panik – Erst Nähe, dann Rückzug

Oder auch das: Alles läuft prima, es wird sogar gekuschelt, gelacht, und plötzlich – zack! – zieht sich der bindungsängstliche Partner komplett zurück. Das kann passieren, wenn Menschen mit Bindungsangst nach einer intensiven Nähe-Phase das Gefühl haben, zu viel von sich preisgegeben zu haben. Ihr inneres Alarmsystem schlägt dann an, und sie ergreifen die Flucht – manchmal wortwörtlich, manchmal emotional.

Der andere fühlt sich dadurch schmerzhaft zurückgewiesen und komplett verwirrt: „Eben war es so schön und jetzt werde ich weggestoßen - was um Himmels Willen ist denn bloß passiert?! Was habe ich falsch gemacht?“ 

Die Liebe auf dem Prüfstand – Andauerndes Testen

Auch das kommt häufig vor: Bindungsängstliche richten ein regelrechtes „Testlabor“ für die Liebe ein. Sie prüfen immer wieder, ob der Partner "wirklich" zu ihnen steht. Dabei geht es nicht um simple kleine „Liebesfragen“, sondern um das grundsätzliche Infragestellen der Beziehung. Das erlebt der Partner dann so, als hätte er eine Dauerkarte für die Achterbahn gebucht: einerseits aufregend, andererseits sehr, sehr, sehr anstrengend.

Das paradoxe Ergebnis dieser Strategie: Bindungsängstliche Betroffene treiben auch ihren (bislang bindungssicheren) Partner in die Distanz.

Wie kann Bindungsangst entstehen?

Bindungsangst ist kein einfaches Phänomen, sondern ein komplexes Zusammenspiel aus vergangenen Erfahrungen, Kindheitsprägungen, Freiheitsängsten und Selbstzweifeln. Um Bindungsängste zu überwinden, ist es wichtig, die Wurzeln zu erkennen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Nur so können Sie den Schutzwall langsam abbauen und den Weg für eine erfüllende Beziehung freimachen.

Frühere Beziehungserfahrungen: Ein Koffer voller Vergangenheit

Vielleicht haben Sie (oder Ihr Partner) in der Vergangenheit eine schmerzhafte Trennung durchgemacht, die Ihnen (oder ihm) das Vertrauen in die Liebe geraubt hat. Und es ist ein bisschen wie ein Besuch im Geisterhaus: Einmal reingegangen, bleibt man ständig auf der Hut, weil hinter jeder Tür ein neuer Schrecken lauern könnte. Die früheren Erfahrungen haben tiefe Spuren hinterlassen, die als Angst vor emotionaler Nähe immer wieder auftauchen.

Kindheit: Das Drehbuch für zukünftige Bindungen

Wenn Ihre Eltern eine Beziehung geführt haben, die viel an Drama bot, können diese frühen Eindrücke tief in Ihrer emotionalen DNA verwurzelt sein. Vielleicht haben Sie gelernt, dass Beziehungen ein riskantes Unterfangen sind, bei dem man besser auf Abstand bleibt. Wenn das „Eltern-Duo“ die eigene Beziehung wie einen Hollywood-Blockbuster inszeniert hat, haben Sie möglicherweise den Eindruck gewonnen, dass echte Nähe unweigerlich zu Enttäuschungen führt.

Angst vor Freiheitsverlust

Für manche Menschen klingt das Wort „Beziehung“ wie ein Synonym für „Freiheitsentzug“. Sie haben Angst, sich festzulegen, weil sie ihre Unabhängigkeit über alles schätzen. Wenn die Grundannahme lautet: "Das Leben ist eine wilde Party!" - dann schürt die Aussicht, die dafür nötige Freiheit zugunsten einer festen Bindung einzuschränken, verständlicherweise große Ängste, selbst wenn der Freiheitsliebende durchaus ahnt, dass auch vertraute Beziehungen eine Quelle für Freude sein könnten...

Selbstwert: Der unsichtbare Störenfried

Vielleicht fragen Sie sich aber auch insgeheim, ob Sie große Liebesprüfungen überhaupt bestehen würden. Ein geringes Selbstwertgefühl ist wie ein heimlicher Saboteur, der Versuche, eine tiefe Bindung einzugehen, immer wieder torpediert. Für jemanden, der sich selbst nicht für "wirklich" liebenswert hält, kann die Vorstellung, jemandem nahe an sich herankommen zu lassen, beängstigend wirken. Die Sorge, am Ende doch nicht zu genügen oder enttäuscht zu werden, kann so stark sein, dass man lieber auf Distanz bleibt. 

Die vier besten Tipps im Umgang mit einem bindungsängstlichen Partner

1. Geduld ist Ihr neuer bester Freund

Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Zen-Meister des Beziehungslebens. Ihr Mantra lautet: „Langsam und stetig." Wenn Ihr Partner sich wie eine scheue Katze verhält, die bei jedem lauten Geräusch unter das Sofa flüchtet, dann ist es an Ihnen, Ruhe auszustrahlen.

Was bedeutet das konkret?

  • Drängen Sie nicht auf schnellen Fortschritt. Klare Empfehlung: Anstatt "große" Themen wie "Zusammenzuziehen" direkt anzusprechen, sollte man einem bindungsängstlichen Partner seeeeehr viel Zeit lassen, sich ganz allmählich an eine solche einschneidende Idee zu gewöhnen. Zelebrieren Sie "kleinere" gemeinsame Projekte wie einen Tagesausflug oder einen gemeinsamen Wochenendtrip - und machen Sie selbst die Erfahrung, dass auch vergleichsweise "kurze" Abenteuer verbindende Erinnerungen schaffen können.

  • Ermutigen Sie Ihren Partner behutsam. Zeichen der Verbindlichkeit, wie das Angebot, dem anderen ein eigenes Fach in Ihrem Badezimmer freizuräumen oder ihm übers Wochenende ihren zweiten Haustürschlüssel anzuvertrauen, können ein wichtiges Signal setzen, dass Sie Ihrerseits voller Vertrauen sind. - Aber bitte nicht alle Zeichen auf einmal! Denken Sie daran, dass jeder Schritt ein kleiner Sieg ist.

2. Kommunikation ist Gold wert

Wenn Ihr Partner bei Beziehungsfragen wie ein Maulwurf im Tunnel verschwindet, hilft nur eines: gaaaaanz behutsame Kommunikation.

Was bedeutet das konkret?

  • Führen Sie ergebnisoffene Gespräche. Fragen Sie nach den Ängsten und Bedenken Ihres Partners, ohne sofort Lösungen zu erwarten oder selbst anzubieten. Ein Satz wie „Ich kann gut verstehen, dass du dir darüber Gedanken machst. Erzähl mir ein bisschen mehr...“ kann ein möglicher Start sein.

  • Vermeiden Sie den Verhörstil. „Warum willst du nicht zusammenziehen? Bist du dir noch nicht sicher, ob du mich wirklich liebst?“ wird einen bindungsängstlichen Partner in Windeseile in die Flucht schlagen. Seien Sie einfühlsam und verständnisvoll, und lassen Sie Raum für offene und ehrliche Antworten.

3. Selbstfürsorge – vergessen Sie sich nicht!

Während Sie auf Ihre scheue Katze von Partner achten, sollten Sie nicht vergessen, sich selbst zu pflegen. Ihr Wohlbefinden ist genauso wichtig wie das Ihres Partners. Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Gärtner, der nicht nur die Blumen, sondern auch seine eigenen Hände pflegt.

Was bedeutet das konkret?

  • Nehmen Sie sich Zeit für sich selbst. Widmen Sie sich regelmäßig Ihren eigenen Interessen. Ein glücklicher Partner ist ein ausgeglichener Partner. Das gilt genauso für Sie. Gehen Sie zum Sport, treffen Sie Freunde oder genießen Sie einfach einen ruhigen Abend mit einem guten Buch.

  • Setzen Sie gesunde Grenzen. Es ist wichtig, Ihrem Partner Zeit und Raum zu geben, aber kommunizieren Sie auch Ihre eigenen Bedürfnisse. Eine Beziehung ist kein Einbahnstraßensystem. Sagen Sie freundlich, aber klar, was Sie brauchen, um sich wohl und wertgeschätzt zu fühlen.

4. Vertrauen aufbauen – aber bitte nicht im Turbomodus

Vertrauen ist das Fundament jeder Beziehung, und bei einem bindungsängstlichen Partner braucht es besonders viel Fingerspitzengefühl, um dieses Fundament stabil zu errichten. Stellen Sie sich das Ganze wie den Bau einer Sandburg vor: Zu viel Druck, und alles fällt in sich zusammen, zu wenig, und es bleibt locker und instabil. Es geht darum, Schritt für Schritt Vertrauen zu schaffen, ohne zu drängen oder zu kontrollieren.

Was bedeutet das konkret?

  • Seien Sie verlässlich. Halten Sie Ihre Versprechen - und seien sie noch so klein. Verlässlichkeit ist für bindungsängstliche Menschen ein wichtiges Signal.

  • Geben Sie Freiraum. Vertrauen bedeutet auch, dem Partner den Raum zu geben, den er braucht. Vertrauen wächst, wenn Ihr Partner merkt, dass er geliebt wird, ohne dass er ständig in Ihrer Nähe sein muss.

  • Zeigen Sie Verständnis. Wenn Ihr Partner sich zurückzieht, nehmen Sie es nicht persönlich. Zeigen Sie Verständnis für seine Ängste und machen Sie klar, dass Sie bereit sind, den Weg gemeinsam zu gehen – in seinem Tempo.

Mit Geduld, Humor und Selbstfürsorge kann selbst die schüchternste Beziehung wachsen und gedeihen. Bleiben Sie entspannt – und vergessen Sie nicht, dass Rom auch nicht an einem Tag gebaut wurde.

So können Sie Ihre eigene Bindungsangst überwinden

Der erste Schritt: Bindungsangst erkennen und akzeptieren.

Akzeptanz ist der Schlüssel zu jeder Veränderung. Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor dem Spiegel und sagen: "Hallo, Bindungsangst. Interessant, dich mal etwas näher kennenzulernen!" Nehmen Sie sich Zeit, um über Ihre Ängste nachzudenken. Wann treten sie auf? Welche Situationen triggern sie? Am besten notieren Sie Ihre Gedanken mal für eine Weile in einem Tagebuch (ein bisschen wie eine Naturdokumentation über Ihr eigenes Gefühlsleben).

Kleine Schritte und Geduld

Machen Sie kleine Schritte in Richtung Bindung. Beginnen Sie damit, sich bei Verabredungen mehr zu öffnen, ohne gleich ans Zusammenziehen zu denken. Ähnlich wie beim Schwimmen lernen: Zuerst plantschen Sie im flachen Wasser, bevor Sie sich ins tiefe Becken wagen. Auch wichtig: Feiern Sie Ihre Erfolge. Jede (!) noch so vermeintlich kleine positive Erfahrung zählt. Haben Sie jemanden umarmt, ohne sofort loszulassen? Super! Hat ein romantischer Abend Sie nicht unmittelbar in die Flucht geschlagen? Großartig! Diese kleinen Siege sind der Weg zum großen Erfolg.

Kommunikation

Reden Sie mit Ihrem Partner möglichst offen über Gedanken, Gefühle und Ängste. Ehrlichkeit ist hier das Mittel der Wahl. Sie werden überrascht sein, wie verständnisvoll Menschen sein können, wenn Sie ihnen Ihre inneren Kämpfe anvertrauen. Es hilft enorm, wenn Sie zumindest immer wieder ein paar Ihrer Gedanken laut aussprechen, anstatt alles mit sich selbst auszumachen und den anderen dadurch vor den Kopf zu stoßen - bzw. vor "vollendete Tatsachen" zu stellen.

Selbstliebe

Arbeiten Sie an Ihrem Selbstwertgefühl. Nehmen Sie sich Zeit für Selbstpflege und Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten. Ein starkes Selbstwertgefühl ist wie ein robustes Fundament, auf dem sich Beziehungen erst stabil aufbauen lassen. Machen Sie Dinge, die Ihnen gut tun und Ihr Selbstbewusstsein stärken. Ob es nun Yoga ist, Malen, Lesen oder ein Spaziergang in der Natur – Hauptsache, Sie fühlen sich wohl dabei.

Seien Sie nett zu sich selbst. Erlauben Sie sich, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Auch ein positiver innerer Dialog kann Wunder wirken.

Denken Sie über professionelle Unterstützung nach

Auf dem Weg zu einem gesunden Umgang mit Nähe und Distanz können

  • eine Therapie bei einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin,

  • eine Paartherapie gemeinsam mit dem (potentiellen) Partner,

  • eine inspirierende Lektüre oder

  • ein strukturiertes Online-Selbsthilfeprogramm

eine wertvolle Unterstützung sein.

Wer sich lieber erst einmal für sich selbst "im stillen Kämmerchen" mit seinen Bindungsängsten auseinandersetzen möchte, kann dafür bewährte Ratgeber-Literatur (z.B. von Stefanie Stahl oder Wieland Stolzenburg) oder das PaarBalance-Selbsthilfeprogramm (wissenschaftlich fundiertes Online-Coaching, das in kurzer Zeit die wichtigsten "Zutaten glücklicher Langzeitbeziehungen" vermittelt) nutzen. 

Fazit: Meistern Sie den emotionalen Spagat! Es lohnt sich...

Bindungsangst ist wie ein emotionales Labyrinth, das fast immer aus Erfahrungen, Kindheitseinflüssen, der Angst vor Freiheitsverlust und Selbstwertproblemen besteht.

Der erste Schritt zur Überwindung besteht darin, diese Ängste zu erkennen und sich ihrer bewusst zu werden. Wenn Sie oder Ihr Partner die Wurzeln der Bindungsangst verstehen, können Sie gemeinsam darauf hinwirken, die emotionalen Barrieren zu überwinden und eine erfüllende Beziehung aufzubauen.

Bleiben Sie gelassen und humorvoll – der Weg zur emotionalen Nähe mag herausfordernd sein, aber er führt oft zu den schönsten Entdeckungen im Beziehungsuniversum.

Bindungsangst ist ein komplexes, aber überwindbares Phänomen. Fast jeder Mensch kann lernen, die eigenen Ängste zu besiegen und sich auf das Abenteuer der Liebe einzulassen.

Wenn das nächste Mal die Fluchtgedanken aufkommen, erinnern Sie sich daran: Die schönsten Geschichten beginnen oft dort, wo die Komfortzone endet. Bleiben Sie mutig und offen für die Liebe - schließlich geht es in einer Beziehung auch immer darum, miteinander zu wachsen – und manchmal eben auch über sich hinaus.

In diesem Sinne: Schluss mit der Angst, nicht mit dem Partner!

☝🏻 Passend zum Thema Bindungsangst

Als Paartherapeuten werden wir tagtäglich damit konfrontiert, dass viele Menschen mit etlichen ihrer Annahmen darüber, was eine glückliche Partnerschaft und eine erfüllte Beziehung ausmacht, ziemlich falsch liegen - mit zum Teil fatalen Folgen.

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Über die Autorin / den Autor

Dr. Judith Gastner ist Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin, Pädagogin und Paartherapeutin. Die Mitbegründerin und wissenschaftliche Leiterin von PaarBalance, der bekanntesten interaktiven Paartherapie online im deutschsprachigen Raum, unterstützt seit über 20 Jahren Menschen in den Bereichen Beziehungsanbahnung, Partnerschaftsgestaltung, Sexualität, Krisenbewältigung & Trennungsverarbeitung.